Kann unser Krankenversicherungssystem diese Preise verkraften?
Kann unser Krankenversicherungssystem diese Preise verkraften?Medikamente zu diesen Preisen allen zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen, belastet unser solidarisch finanziertes Krankenversicherungssystem. In einigen europäischen Ländern – wie in Frankreich – gibt es bereits finanziell begründete Zugangsbeschränkungen für das wirksame Medikament gegen Hepatitis C. Hier bekommen Patienten das Medikament nicht verschrieben, obwohl sie dadurch geheilt werden könnten.
Was macht die Bundesregierung?
Angesichts steigender Medikamentenpreise hat die Bundesregierung 2010 das Arzneimittelneuordnungsgesetz (AMNOG) erlassen. Es legt fest, dass ein Jahr nach der Marktzulassung für ein Medikament mit erwiesenem Zusatznutzen ein Preis erstattet wird, der zwischen dem Spitzenverband der Krankenkassen und dem Pharmaunternehmen ausgehandelt wird. Doch die Einsparungen bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Statt erwarteten 2 Milliarden Euro jährlich wurden 2014 nur 450 Millionen Euro eingespart.
Das liegt zum einen daran, dass einzelne Krankenkassen parallel individuelle Rabatte mit den Unternehmen aushandeln. Die Ergebnisse sind selbst für die behandelnden Ärzte und Patienten geheim. Diese Verhandlungen hinter verschlossenen Türen schwächen die Verhandlungsposition des Spitzenverbands der Krankenkassen.
Zum anderen setzen die Pharmaunternehmen im ersten Jahr einen sehr hohen Preis an, der nur von ihnen allein festgelegt wird. Diesen bekommen sie dann von den Krankenkassen erstattet. Dadurch kann bereits im ersten Jahr ein auffällig hoher Gewinn erzielt werden. Ein neuer Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht nun vor, dass ein Unternehmen mit einem Medikament im ersten Jahr „nur“ maximal 250 Millionen Euro einnehmen darf. Im Gegenzug wird den Unternehmen zugesichert, dass das Ergebnis der Preisverhandlungen geheim bleibt. Dies führt zu noch mehr Intransparenz im Preissystem für Medikamente.
Außerdem sichert der 20-jährige Patentschutz den Unternehmen eine mächtige Verhandlungsposition: Gibt es keine Alternativen zu dem patentgeschützten Medikament, kann der Hersteller mit dem Rückzug aus dem deutschen Markt drohen.
Für das Hepatitis-C-Medikament Sovaldi wurde ein Preis von 43.562,52 Euro pro Therapie verhandelt. Würden alle der geschätzten 300.000 Menschen mit Hepatitis C in Deutschland damit behandelt, würde dies ein Drittel der gesamten Medikamentenausgaben der Krankenkassen ausmachen.